Ein weiteres Gräberfeld: das Brüder Grimm-Museum Kassel
Für die Eröffnung des Grimmforums bin ich als Bewohner des Nordhessischen Raumes besonders dankbar, da es die Möglichkeit bietet, in freier und unverstellter Weise auch die Defizite der offiziellen Kasseler Grimm-Aktivitäten zu problematisieren. Leider dominieren in Kassel zwei Publikationsorgane die kulturelle Meinungsbildung : eine scheinbar unabhängige Provinzzeitung mittlerer Qualität (die „Hessisch Niedersächsische Allgemeine“), sowie ein halbpornographisches Anzeigenblättchen (der „Extra Tip“), der trotz seines fragwürdigen Niveaus in letzter Zeit von dem Direktor des Brüder Grimm-Museums Dr. Lauer gerne als Referenzorgan genutzt wird. Kritische Äußerungen über den Zustand und die Qualität seines Hauses werden zwar in kleinem Kreis häufig geäußert, eine offene Debatte findet jedoch weder in der Kasseler Publizistik noch in der Öffentlichkeit statt. Holger Erhardt hat auf diesen Seiten in einem etwas morbiden Beitrag über die Gräber!! der Familie Grimm eindringlich berichtet. Als Mitarbeiter des Grimm-Museums gelang ihm unbewußt und unfreiwillig komisch damit auch eine analoge Beschreibung seines Hauses.
Vor einigen Wochen hatte ich zum wiederholten Mal das zweifelhafte Vergnügen, Freunde von außerhalb durch das Museum begleiten zu dürfen. Diese – von Hause aus Literaturwissenschaftler und Linguisten und Kenner von Literaturmuseen nicht nur im deutschsprachigen Raum – waren verblüfft bis verärgert, ein Haus anzutreffen, das selbst bescheidenen Ansprüchen nur in Ansätzen genügt.
Nur einige wenige Stichworte :
Auf den ersten Blick erscheint das Haus wie eine von Laien eilig zusammengesuchte Sammlung disparater und nur selten singulärer Ausstellungsstücke. Gegen eine von Liebhabern unternommene Veranstaltung spricht hingegen die Lieblosigkeit, mit der im wesentlichen Flachware mit häufig wenig erhellenden Kommentarschildchen in Vitrinen drapiert wurde. Weite Teile des Grimmschen Werkes werden nur kurz angedeutet. Die Chance zum Beispiel, einen spröden Gegenstand wie die Indogermanistik in origineller Form im Kontext historischer wie gegenwärtiger Forschung zu präsentieren wird verschenkt. Der politische und gesellschaftliche Bezugsrahmen und die Beziehung zur Kasseler Zeitgeschichte verbleibt im Rahmen lexikonartigen Allerweltswissens. Einen gewissen skurrilen Wert kann die Präsentation der Grimm-Büsten beanspruchen, die in einer Arno-Brekerhaften Wucht eine Großmannssucht symbolisiert, die den Brüdern Grimm fremd war.
Insgesamt zielt das Haus auf eine Darstellung des Märchenwerks. Dies ist an sich nicht kritisierenswert, wäre dabei ein wenig mehr geistiger Anspruch und historisch-kritischer Sinn erkennbar. Das oberste Stockwerk soll in Ansätzen der Auseinandersetzung mit einer expliziten Märchentheorie gewidmet sein, leider ist dies wegen fehlender Information nicht leicht nachvollziehbar. Ein Versuch, Märchen und Märcheninterpretationen und die diesen zugrunde liegenden theoretischen Ansätzen für ein breiteres Publikum systematisch zu problematisieren erfolgt nicht. So vagiert das Zentrum der Ausstellung zwischen begriffsloser Banalität und einem schlecht getroffenen Touch Walt Disney. Insgesamt ist das Museum weniger ein Brüder Grimm-Museum, sondern ein Brüder Grimm-Märchenmuseum mit angehängten biographischen Versatzstücken.
Während unseres Aufenthalts wurden wir Zeuge des Besuchs einer japanischen Reisegruppe. Das Haus wird – nach städtischen Informationen – von ostasiatischen und amerikanischen Besuchern frequentiert, im Zeichen fortschreitender Merkantilisierung sicher ein Plus für die Stadt Kassel. Zu den papageienhaft nachgeplapperten Topoi – die auch von der Kasseler Provinzpresse kritiklos weitergereicht werden – gehören die Rede von der „Marke Grimm“ und dem „Mitspielen in der ersten Reihe der Literaturmuseen der Welt“. Wägt man diesen selbstgestellten Anspruch mit der traurigen Realität ab, so drängt sich im Blick auf die auswärtigen Besucher nur das Wort „Touristennepp“ auf.
Nach dem Ende der DDR wurden die dortigen Museen einer Evaluation unterzogen. Ich sehe die Problematik eines solchen Verfahrens und plädiere zunächst einmal für eine ehrliche und selbstkritische Bilanzierung des gegenwärtigen Zustandes in der kompetenten Öffentlichkeit. Diese Debatte kann aber nur von den an der Sache Interessierten ausgehen und muß endlich den von Kommunal- und Kulturpolitikern angeschlagenen Marketingjargon und das zunehmend nervtötende Kuturdummdeutsch hinter sich lassen.
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Rudolf Theisen, 23. Januar 2006
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Sehr geehrter Herr Theisen,
zu Ihrem Beitrag möchte ich eine sachliche Korrektur anbringen. Ich bin nicht Mitarbeiter des Grimm-Museums.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Ehrhardt
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Holger Ehrhardt, 24. Januar 2006
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Beispiele für besser Gemachtes?
Die Beschreibung von Herrn Theisen ist anschaulich, allerdings auch ziemlich drastisch. Bis zu einem gewissen Grad ging es mir ähnlich, als ich das Museum vor knapp zwei Jahren das letzte Mal besucht habe.
Nur: ist das Grimm-Museum in Kassel nicht in einer schwierigen, allerdings auch chancenreichen Lage dadurch, daß es, soviel ich weiß, gerade erst seit recht kurzer Zeit das ganze Palais Bellevue gestalten kann? Ich nehme an, es hat sich in den letzten zwei Jahren doch sicher noch eine Menge getan?
Die Gestaltung musealer Ausstellungen zu literarischen Themen ist ja ohnehin komplizierter als etwa eine Ausstellung von Statuen oder Gemälden, weil das Geschriebene eigentlich meist zum Lesen am Tisch bestimmt ist, nicht zum Gebrauch in einer Ausstellung. Geschriebenes ist zunächst auch immer „Flachware“. Und kleingedruckt oder kleingeschrieben, nicht zum Betrachten auf Distanz gemacht.
Durch eigene Ausstellungserfahrungen weiß ich, daß es sehr gut ankommt, wenn dreidimensionale Alltagszeugnisse wie Schreibmaterialien, Möbelstücke, Textilien, Porzellan, Tafelsilber und ähnliches zur Verfügung stehen, weil sich mit ihrer Hilfe die literarischen und wissenschaftlichen Werke in ein Lebensganzes einbetten lassen und die aus dem Lebenszusammenhang der jeweiligen Persönlichkeiten erhaltengebliebenen Gegenstände zum Reden über die Entstehungsumstände des Werks gebracht werden können. Damit kann man fast jeden irgendwie ansprechen, und dieser Weg über den am konkreten Beispiel wiederbelebten Alltag ist wohl die bewährteste Auflösung des angedeuteten Dilemmas. Im Idealfall, den ich mehrfach erlebt habe, war über die Einführung in die Alltagsumgebung, aus der das Werk entstand, ein Interesse für wissenschaftliche Aspekte der Aussstellung geweckt, von denen der Besucher oder die Besucherin vorher nie gehört hatte.
Das Grimm-Museum in Kassel verfügt ja über mancherlei dergleichen; ob es schon ideal „ins Licht“ gesetzt ist?
Gibt es denn ein Literaturmuseum oder eine literarische Ausstellung, deren Konzepte vorbildlich für ein Projekt wie das des Grimm-Museums in Kassel sein würden? Es wäre gut gewesen, wenn Herr Theisen hierzu Beispiele genannt hätte. Denn neben alle verständliche und berechtigte Kritik sollten doch auch Vorschläge treten, wie es besser gemacht werden könnte. Das würde auch uns an der HU Berlin im Blick auf unsere bisherigen Ausstellungserfahrungen sehr interessieren!
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Berthold Friemel, 24. Januar 2006
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Herr Friemel spricht zu Recht die besondere Problematik von Museen an, die mit „Flachware“, das heißt mit einer Fülle verschriftlicher Materialien zu arbeiten haben. Sein Hinweis, daß Alltagserzeugnisse es ermöglichen, den Lebenskontext zu repräsentieren und abstraktere Zusammenhänge zu stiften vermögen, korrespondiert mit einer von mir gepflegten Methode, als philologisch-literaturwissenschaftlicher Laie bei Museumsbesuchen triviale Fragen zu stellen und nach einer Antwort in der Ausstellung zu suchen. Im Falle des Brüder Grimm-Museums drängen sich etwa angesichts der Fülle des Briefmaterials Fragen nach den Kommunikationswegen der Zeit auf, nach den Kosten einer solchen Korrespondenz, den Preisen von Papier, Tinte etc. Nach der Organisation des Arbeitstages eines Gelehrten des 19.Jahrhunderts – die schlußendlich zur Frage führt, wie die Gelehrtenexistenz der Grimms für uns überhaupt noch nachvollziehbar ist. Ich erinnere mich an eine (Teil)Rekonstruktion des Berliner Arbeitszimmers in der Ausstellung zur Geschichte der Disziplinen der HU vor einigen Jahren – solch ein „historischer Raum“ wäre auch in Kassel realisierbar. Eine andere Erfahrung : Warum vertraut man nicht auf die Aussagekraft der Handschrift ? Zum Schubertjahr 1997 gelang es in Wien nur mit der Dokumentation der handschriftlichen Entwicklung ein Leben erfahrbar zu machen. Zugegebenermaßen befindet sich das Haus in einer gewissen Sonderposition zwischen literatur – und wissenschaftsgeschichtlicher Sammlung. Wenn es den Anspruch erhebt, Leben und Werk der Brüder zu dokumentieren muß die Proportionalität zwischen Märchen (Literatur) und Wissenschaft (Philologie, Lexikon) gewahrt bleiben. Dies geschieht hier leider nicht. Auch das Gebiet der Sprachforschung wäre weitaus eindringlicher gestaltbar. Es liegen über – ich habe die Zahl nicht genau im Kopf – 140 Übersetzungen der Märchen vor. Warum z.B. nicht Sprechproben einer bekannten Märchenanfangs in verschiedenen Sprachen dem Besucher zum Vergleich anbieten. So wäre zudem eine Brücke zur Indogermanistik zu schlagen und das vorhandene Interesse für die Verschiedenheiten und Verwandtschaften der Sprache in vertiefter Form zu wecken. (Warum auch nicht eine Kuriosität, die es in Form eines rekonstruierten „indogermanischen Märchens“ von – Frage an den Fachmann : August Schleicher ? – geben soll, dokumentieren, wie überhaupt noch lebendigeTraditionen des Märchenerzählens (Orient!) einbeziehen ?)
Dies nur wenige assoziativen Überlegungen – ein systematisches Weiterdenken, das ausgewiesene Kenner mitbeteiligen müßte!, dürfte bis in sprachpolitische und anthroploogische Gebiete führen, die mitnichten für eine breiteres Publikum uninteressant sind – vorausgesetzt, man betreibt das Unternehmen nicht als ein Einmannunternehmen, wie die Selbstdarstellung des Hauses dies nahe legt.
Was die angesprochenen Möglichkeiten durch die fast vollständige Gesamtnutzung des Schloß Bellevue betrifft, so fällt bei einem häufigeren Besuch des Museums auf, daß ein regelmäßigerer Wechsel durch bislang nicht gezeigtes Material aus dem Fundus nicht erfolgt. Zugenommen hat die Tendenz, weitere Bücher in Vitrinen zu präsentieren. Es stellt sich die Frage, wieviel aussagefähiges Ausstellungsgut eigentlich noch vorhanden ist. Die Frage sollte bitte nicht polemisch verstanden werden. Im Zuge der Planungen eines Neubaus wird von Seiten der Leitung des Hauses in der Öffentlichkeit laufend ein größerer Flächenbedarf geltend gemacht.
Ein Blick in den mittlerweile historisch gewordenen kleinen Katalog der frühen (Deneke) Jehre verweist auf eine zweite Proportionsverschiebung. Man konnte die kleine Sammlung als Gedenkstätte verstehen, die eine wesentlichere Aufgabe flankieren sollte : die Arbeit am Wort, d.h. an den Werken der Brüderpaares. Eine Arbeit, die seinerzeit als die vornehmste Aufgabe der Brüder Grimmgesellschaft definiert wurde. Vielleicht sollte man eine Kritik am Museum auch im Blick auf ein verschollengegangene Selbstverständnis der Grimmgesellschaft würdigen.
Der Versuchung, Lob und Tadel über vergleichbare Museen zu verteilen möchte ich mich entziehen – ich habe Häuser gesehen, die materiell noch schlechter ausgestattet waren, in manchen dieser Museen hätte man am professionellen Standard beckmessern können : was die Defizite vergessen ließ, war das erkennbare Herzblut und eine sachbezogene Leidenschaft für die Sache. Nennen Sie mich weiter polemisch : genau das letztere vermisse ich im Falle des Brüder Grimm-Museums.
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Rudolf Theisen, 25. Januar 2006
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Rudolf Theisen schrieb: sowie ein halbpornographisches Anzeigenblättchen (der „Extra Tip“), der trotz seines fragwürdigen Niveaus in letzter Zeit von dem Direktor des Brüder Grimm-Museums Dr. Lauer gerne als Referenzorgan genutzt wird.
Sehr geehrter Herr Theisen,
das „halbpornographische Anzeigenblättchen“ unterschätzen Sie in seiner Wirkung aber gewaltig. Der Extra-Tip hat einen derartigen Verbreitungsgrad und ist dermaßen meinungsbildend, dass niemand sich erlauben kann, sich mit dessen Chef(redakteur) Klaus Becker zu überwerfen. Klaus Becker entscheidet Wahlausgänge – und die nächste Kommunalwahl steht vor der Tür. Herrn Brinkmann als designierten Nachfolger von Herrn Windfuhr hat er schon beschädigt, die Wissenschaftler der Uni Kassel auch. Und was passiert von anderer Seite – ein überaus leicht zu durchschauendes, politisch gewolltes Stillhalteabkommen. So bekommt man das BGM und die BGG bestimmt nicht auf neuen Kurs. Nicht zaudern – zupacken. Herr L. macht es vor.
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Jeanne d’Arc, 25. Januar 2006
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Wahrnehmungsstörungen
Jeanne d’Arc ist für den Link zur neuen Ausgabe des „Extra-Tip“ um so mehr zu danken, als der dort neu erschienene Beitrag über Dr. Lauer, den Direktor des Grimmuseums Kassel, auch einen höchst wunderlichen Bezug zu den in einem anderen Forumbeitrag ausführlich vorgestellten DWB-Handexemplaren in Krakau enthält. In der von Jeanne d’Arc verlinkten Onlinefassung des „Extra-Tip“-Artikels mit der Überschrift Intrigen gegen Dr. Lauer / Aktiver Chef des Grimm-Museums sollte in einer „konzertierten Aktion“ diffamiert werden heißt es zur, wie Klaus Becker formuliert, Entdeckung von Arbeitsheften der Brüder Grimm, für ihr epochales Werk „Das deutsche Wörterbuch“:
So ist wohl auch die Entdeckung der Arbeitshefte der Brüder Grimm, vor allem die Berichterstattung darüber, Teil jener Kampagne, die zur Zeit in gewissen Kreisen gegen den Museumsleiter Dr. Bernhard Lauer gefahren wird. In der sich besonders Wissenschaftler hervortun, die bisher noch nicht zum Thema Brüder Grimm publiziert haben.
Zu einem mit dem Beitrag publizierten Bild heißt es ferner (und, wenn man genau hinschaut, in kuriosem Widerspruch zur eben zitierten Behauptung):
Dr. Bernhard Lauer, Direktor des Brüder-Grimm-Museums in Kassel, hatte die Arbeitshefte der Brüder Grimm entdeckt.
Den Hergang der Sache kann man in dem Forumbeitrag von Professor Alan Kirkness (Auckland, Neuseeland) nachlesen, in dem er über die Krakauer Exemplare informiert hat (Grimm-Handexemplare des „Deutschen Wörterbuchs“, 16. Januar 2006).
Die Exemplare hat, wie durch diesen Beitrag von Kirkness und die darauf folgenden Medienberichte allgemein bekannt ist, die Jagiellonen-Bibliothek Krakau entdeckt, in nahem zeitlichem Bezug zu einer Rundfrage von Alan Kirkness bei verschiedenen polnischen Einrichtungen, in der er die Exemplare beschrieb und ihre Wichtigkeit hervorhob. Die Jagiellonen-Bibliothek hat Kirkness die Existenz der Exemplare auf seine Rundfrage hin Ende September mitgeteilt. Die Entdeckung erfolgte in der Tat damals, erst dann wurden die Exemplare zur Aufnahme in das Handschriftenmagazin vorgesehen und desinfiziert, bis sie der wissenschaftlichen Benutzung zugänglich gemacht werden konnten.
Die Reklamation in der Kasseler Zeitung „Extra-Tip“, Dr. Lauer in Kassel habe die Exemplare entdeckt, ist kaum begreiflich und zeugt zum mindesten von Wahrnehmungsstörungen, bei denen man sich fragen könnte, welche Gefahren eigentlich von ihnen ausgehen für alle wissenschaftlichen und musealen Bemühungen um die Brüder Grimm, für die seriöse Tradition des Brüder Grimm-Gedenkens in Kassel und insbesondere für die kostbaren Kasseler Grimm-Sammlungen.
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Berthold Friemel, 29. Januar 2006
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Seltsames Verhalten
Liebe Forum-Teilnehmer,
ich weiß nicht, ob mein Beitrag zum obigen Thema paßt, nach diesen unglaublichen Vorgängen muß ich aber eine Begebenheit mitteilen, die mir eine Kasseler Kollegin kürzlich erzählte, als im „Extra Tip“ schon ein Artikel Dr. Lauer als großen Wissenschaftler und als Opfer der Politik darstellte.
(Vielleicht sollte den Artikel auch einmal jemand hier veröffentlichen).
Und zwar fand im Herbst des letzten Jahres in einer Kasseler Bank ein Unterhaltungsabend statt, den Dr. Lauer organisiert hatte. Dabei wurde ein von ihm verfaßtes Gespräch zwischen den Brüdern Grimm von Schauspielern vorgelesen. Das Gespräch endete damit, daß Jakob und Wilhelm Grimm nach Kassel reisten und den Teilnehmern dieses Abends mitteilten, daß sie ja eigentlich schon tot wären und daß es in Kassel aber einen gäbe, nämlich Dr. Lauer, der dafür sorgte, daß sie weiterlebten. Dieser Schluß hat viele Anwesende peinlich berührt, da klar war, wer der Autor dieses Stücks war.
Der jetzige Vorgang paßt sehr gut dazu. Wieder stellt Herr Dr. Lauer sich als Grimm-Forscher in den Vordergrund und es nimmt peinliche Formen an. Von seinen Forscherkollegen muß sein Verhalten als ein Schlag ins Gesicht empfunden werden.
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Alexandra Marheineke, 29. Januar 2006
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Tabubruch
Die letzten Tage bin ich häufig auf die Diskussion über das Brüder Grimm – Museum angesprochen worden, die – nach der Infomation von Herrn Trautmann – nun auch in einem Forum der HNA eine Fortsetzung erfahren hat.
Die Resonanz war sehr groß, wobei der Tenor vorherrschte, daß es notwendig gewesen war, dies Thema endlich in die Öffentlichkeit zu tragen. Ja, es wurde sogar von einem „Tabubruch“ gesprochen. Ein pathetisches Wort, daß jedoch melancholisch stimmt, da offensichtlich eine jahrelang betriebene einseitig-positive Berichterstattung über das Haus jeden kritischen Einspruch schon im Ansatz ersticken ließ.
Mancherlei Zorn wurde auch geäußert, der sich – man muß es fairerweise sagen – nicht allein an Dr.Lauer entzündete, sondern auch an einer desolaten Kulturpolitik, die sich gerne in großmäuligen Absichten ergeht, aber zu feige ist, die aufgetretenen Probleme auch mit unangenehmen Maßnahmen zu lösen.
Daneben wurde allerdings an der bisherigen Auseinandersetzung kritisiert, daß zu sehr über Dr.Lauer und nicht mit ihm gesprochen wird.
In einem Bericht in der heutigen HNA (4.2.06) über das Berliner Grimmforum wird mitgeteilt, daß Herr Lauer das Niveau nicht als ihm adäquat betrachtet.
Auch wenn ich mich wiederholen sollte ist festzuhalten :
Sein publizistischer Büchsenspanner Becker vom Extra Tip verteidigt ihn mit absurden Verschwörungstheorien und glaubt, durch üble Nachrede (Fall Professor Brinkmann) und byzantinistische Heldenverehrung Herrn Dr.Lauer erfolgreich die Stange halten zu können.
Ist das ein adäquates Niveau ?
Warum ist der Leiter des Brüder Grimm-Museums nicht bereit, mit Grimminteressierten über neue Konzepte und Ziele einen Dialog zu führen ?
Warum nimmt Herr Dr.Lauer nicht die Gelegenheit wahr, in einer einem Wissenschaftler angemessenen Weise seine methodischen Konzepte und sein wissenschaftliches Selbstverständnis darzustellen ? Er hätte die Chance, mancherlei Dinge, die aus seiner Sicht wahrscheinlich nicht zutreffend sind, zu korrigieren und zu erläutern. Niemand wird sich dann einem sachlichen Dialog verweigern.
So ist zu befürchten, daß er sich weiter in die Position der verfolgenden Unschuld zurückzieht und das Geschäft durch einen geifernden Citizen Kane der nordhessischen Anzeigenbranche besorgen läßt.
P.S.
Morgen ist wieder Extra Tip Tag
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Rudolf Theisen, Samstag, 4. Februar 2006
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Niveau
Aus einiger Distanz betrachtet, ergibt sich von diesen grimmigen Verwicklungen eigentlich ein recht deutliches Bild:
Wenn jemand ein Medium wie das Kasseler Anzeigenblättchen „Extra-Tip“ für seine Agitation in Dienst nimmt, dabei auch ganz getrost gelogen wird, Wissenschaftler angepöbelt werden und schlußendlich dann, wenn es zu öffentlichen Diskussionen und Nachfragen kommt, alles mit der Reaktion des Haupthelden unter den Teppich gekehrt wird, die Diskussionen und ihre Kreise und Foren seien „eine Schmutzkampagne“ und „unter seinem Niveau“, dann ist das auch eine eindeutige Antwort auf all die Kritik und die Nachfragen, und es braucht kaum eine andere mehr. Der Fall scheint jetzt ziemlich klar und, was das Niveau der Hauptperson betrifft, erledigt.
(Alte Gaunertricks, „Haltet den Dieb“ rufen und so.)
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milatosSO36, 5. Februar 2006