HNA v. 19.06.2007
a.
b.
✍
Jeanne d’Arc, 19. Juni 2007
📩
HNA-Artikel
Kulturdezernent Junge nimmt Stellung zur Grimm-Blamage
Die Vision vom Märchen-Museum
Kassels Kulturdezernent Thomas-Erik Junge über die Probleme bei der Vermarktung des Grimm’schen Erbes
(Bildzitat: HNA)
Gegen verkopfte Märchenpräsentation: Kulturdezernent Thomas-Erik Junge.
kassel. Zum documenta-Auftakt war das Brüder-Grimm-Museum eine Baustelle. Über den Zustand des Museums und den Stellenwert der Brüder Grimm in Kassel sprachen wir mit Kulturdezernent Thomas-Erik Junge (CDU).
Herr Junge, die Welt blickt auf Kassel, doch das Brüder-Grimm-Museum präsentiert sich als Baustelle mit einer peinlichen Frau-Holle-Ausstellung. Wie konnte es dazu kommen?
Thomas-Erik Junge: Wir hatten fest vor, das Brüder-Grimm-Museum rechtzeitig zum Beginn der documenta zu öffnen. Aber die Brandschutztüren waren noch nicht abgenommen. Daher ist es zu den drei, vier Tagen Verzögerung gekommen.
Die Brandschutztüren mussten aber schon vor Monaten als Begründung für Verzögerungen herhalten.
Junge: Bei den Brandschutztüren handelt es sich um Spezialanfertigungen, die den historischen Türen nachempfunden sind. Das ist keine Ware von der Stange. Der Brandschutz muss gewährleistet sein. Ich trage die Verantwortung für die Brandsicherheit.
Sie haben gesagt, das erste documenta-Wochenende sei kein Grimm-Wochenende. Mit dieser Einschätzung stehen Sie ziemlich allein da.
Junge: Das glaube ich nicht. Ich bin wirklich der Überzeugung, dass die documenta an ihrem ersten Wochenende alles andere überstrahlt.
Warum wurde nicht eine kleine Grimm-Ausstellung an Stelle der Frau-Holle-Devotionalien auf die Beine gestellt?
Junge: Das hätte keinen Sinn gemacht. Zeitgleich wurde nämlich die Grimm-Ausstellung im zweiten Obergeschoss wieder aufgebaut. Man hätte also Exponate hin und her rücken müssen und hätte doch nur eine zusammengestückelte Schau präsentieren können.
Die Stadt rühmt sich gern ihrer drei Weltmarken documenta, Herkules und Brüder Grimm. Letztere sind gegenwärtig ein Totalausfall. Warum werden die Grimms so stiefmütterlich behandelt?
Junge: Das stimmt doch nicht. In einer Masterplanung beschäftigen wir uns momentan intensiv mit der Frage, wie das Thema Grimm, und insbesondere das Thema Märchen, künftig ansprechend präsentiert werden kann.
Welche Vorstellungen haben Sie?
Junge: Das Palais Bellevue hat seine Grenzen. Es könnte der Ort werden, wo Leben, Arbeit und Umfeld der Brüder Grimm präsentiert werden. Die Louis-Spohr-Gesellschaft ist bereit, das Bellevue zu räumen. Ein Umzug in den Kulturbahnhof erscheint möglich. Was das Wohnumfeld der Grimms angeht, kann man sich beim Land vorstellen, Räume in der Torwache freizumachen. Eine weiterer Plan ist, Verwaltung und Bibliothek in einem Neubau an der Friedrichstraße unterzubringen.
Und die Märchen?
Junge: Ich kann mir ein Märchen-Museum auf dem Weinberg vorstellen. Auch den Garten, ja selbst das Innere des Weinbergs könnte man nutzen. Die Märchen dürfen nicht wie in einem Disney-Park präsentiert werden, aber auch nicht verkopft. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein solches Konzept für Sponsoren interessant ist.
Die unpopuläre Darbietung des Grimm’schen Erbes geht auf das Konto von Dr. Bernhard Lauer. Wie lange lassen Sie den Museumsleiter noch gewähren?
Junge: Herr Dr. Lauer hat unzweifelhaft Verdienste. Er leistet gute Arbeit. Im Falle einer Erweiterung wird ein Mensch allein das alles aber nicht stemmen können. Eine Person würde unter dieser Weltaufgabe zusammenbrechen.
(aus der HNA, 21.06.2007)
✍
Jeanne d’Arc, 22. Juni 2007