Motivik der Grimm’schen Märchen
(Grimmforum, August 2012)

Hallo,

für meine Abschlussarbeit (BA Kommunikationsdesign, Schwerpunkt Buchgestaltung und Fotografie) will ich –als Basis für meine Arbeit – die Grimm’schen Märchen nach ihren gesellschafts- und sozialkritischen bzw. moralischen/didaktischen Aspekten kategorisieren und auswählen.

Wichtig: Es geht mir nicht um eine psychologische Interpretation der Märchen, sondern eine Analyse – interpretieren soll der Leser später selbst!
Beispiel: »Hänsel und Gretel« und »Die Bremer Stadtmusikanten« haben beide als zentrales Motiv die Solidarität, bei »Vom Fischer und seiner Frau« ist es die Habgier, bei »Aschenputtel« der Fleiß usw. Diese Motive will ich korrekt benennen!

Ich mag das gedruckte Wort sehr, muss aber in erster Linie Gestalter sein (und bin erst recht kein Sprachwissenschaftler, Psychologe oder gar Märchenforscher) und benötige daher etwas Hilfe:
Gibt es ein empfehlenswertes Buch, dass auf die Motivik der Grimm’schen Märchen eingeht oder ggfs. schon eine solche Sortierung vornimmt? Oder eine wissenschaftliche Arbeit, Website o.ä.?

Im Internet bin ich auf meiner Suche mehrfach über Max Lüthis »Märchen« und »Das europäische Volksmärchen« gestoßen, es aber noch nicht in der Hand gehabt. Wäre mir damit geholfen?

Herzlichen Dank im Voraus,
Johannes ✍
Johannes, 20. August 2012

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Ich bin mittlerweile fündig geworden. Das Buch »Die Moral von Grimms Märchen« von Wilhelm Solms bietet zwar nicht aufgelistet, aber in Textform reichlich Aufschluss über die in den Grimm-Märchen enthaltenen Motivik und Didaktik.
Leider ist es vergriffen, ohne Neuauflage und nur antiquarisch zu bekommen.

Johannes, 23. August 2012

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Lieber Herr Pistorius,
die Literaturwissenschaft hat für den Motivvergleich der Volkserzählungen ein eigenes Forschungsgebiet entwickelt, dessen Ergebnisse in einem umfangreichen Index zusammengetragen sind, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Aarne-Thompson-Index
Neuerdings wurde der Index durch Hans-Jörg Uther von der Göttinger Enzyklopädie des Märchens neu bearbeitet.

Auch die Brüder Grimm haben für ihren eigenen Gebrauch einen derartigen Index entworfen, den sie allerdings nicht drucken ließen. Als Buch erschienen ist er erst kürzlich als Band 1.2 unserer kritischen Grimm-Briefausgabe, siehe http://www.grimmbriefwechsel.de/_bw__briefwechsel__ubersicht/bw_1_2/bw_1_2.html
Rechts auf der Seite können Sie sich Beispiele dafür anschauen, wie die Brüder Grimm die Erzählmotive klassifizierten.

Vielleicht helfen Ihnen diese beiden Tips noch weiter. Die Bücher finden Sie in wissenschaftlichen Bibliotheken, zum spontanen Kauf dürften sie zu teuer sein.


Berthold Friemel, 24. August 2012

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Hinzufügen möchte ich noch, dass Sie für Ihr Thema wahrscheinlich Wilhelm Grimms Anmerkungsband zu den "Kinder- und Hausmärchen" gut benutzen könnten. Hier führt Wilhelm Grimm andere, abweichende Fassungen der Märchen und ähnliche deutsche und internationale Märchen an. Den Anmerkungsband finden Sie digital unter

http://de.wikisource.org/wiki/Kinder-_und_Haus-M%C3%A4rchen_Band_3_%281856%29]http://de.wikisource.org/wiki/Kinder-_und_Haus-Märchen_Band_3_(1856)


Berthold Friemel, 24. August 2012

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Hinzufügen möchte ich noch als Einstiegsbuch Uthers "Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen", in dem die Märchen Motivkomplexen zugeordnet sind. Zu jedem Märchen gibt es einen Kommentar und hinten eine Liste der Märchen nach den Nummern des Aarne-Thompson-Uther-Index.
Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm: Entstehung – Wirkung – Interpretation. Berlin 2008.


Philip Kraut, 27. August 2012
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Herzlichen Dank für die Antworten. Durch einige thematische Änderung meiner Arbeit habe ich mittlerweile alles gefunden, was ich brauche – das Uthersche Handbuch werde ich aber noch mal als Gegenprobe zu Rate ziehen.

Johannes, 12. September 2012

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Hallo, Herr Friemel.
Vielen Dank für den Tipp. Ich suche etwas in der Art nämlich schon lange.✍
Andreas Krauss, 31. März 2013

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